Aufträge:
1.(a) Was waren laut Quelle A das Selbstbild und die Aufgabe der Deutschen im 19. Jahrhundert? [3]
(b) Welche Botschaft vermittelt die Quelle C? [2]
2. Analysieren Sie den Wert und die Grenzen von Quelle B für einen Historiker, der sich mit der Geschichte des Imperialismus und der neueren deutschen Geschichte von 1848 bis 1945 befasst, unter Bezugnahme auf ihren Ursprung, ihren Zweck und ihren Inhalt. [4]
3. Vergleichen und kontrastieren Sie, was die Quellen B und D über die Behandlung der Herero in den Deutschsüdwestafrika aussagen. [6]
4. Eruieren und Beurteilen Sie anhand der Quellen und Ihres eigenen Wissens die Gründe für die Genese des Völkermordes an den Herero und den Nama in Deutsch-Südwestafrika und machen sie dabei das Wesen des Imperialismus und das Selbstverständnis der imperialistischen Mächte evident. [9]
1.(a) Was waren laut Quelle A das Selbstbild und die Aufgabe der Deutschen im 19. Jahrhundert? [3]
(b) Welche Botschaft vermittelt die Quelle C? [2]
2. Analysieren Sie den Wert und die Grenzen von Quelle B für einen Historiker, der sich mit der Geschichte des Imperialismus und der neueren deutschen Geschichte von 1848 bis 1945 befasst, unter Bezugnahme auf ihren Ursprung, ihren Zweck und ihren Inhalt. [4]
3. Vergleichen und kontrastieren Sie, was die Quellen B und D über die Behandlung der Herero in den Deutschsüdwestafrika aussagen. [6]
4. Eruieren und Beurteilen Sie anhand der Quellen und Ihres eigenen Wissens die Gründe für die Genese des Völkermordes an den Herero und den Nama in Deutsch-Südwestafrika und machen sie dabei das Wesen des Imperialismus und das Selbstverständnis der imperialistischen Mächte evident. [9]
Quelle A – Deutschlands Beruf
Ausschnitt aus einem Gedicht von Emanuel Geibel 1861
Dann nicht mehr zum Weltgesetze
Wird die Laun’ am Seinestrom,
Dann vergeblich seine Netze
Wirft der Fischer aus in Rom,
Länger nicht mit seinen Horden
Schreckt uns der Koloß im Norden.
Macht und Freiheit, Recht und Sitte,
Klarer Geist und scharfer Hieb
Zügeln dann aus starker Mitte
Jeder Selbstsucht wilden Trieb,
Und es mag am deutschen Wesen
Einmal noch die Welt genesen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Am_deutschen_Wesen_mag_die_Welt_genesen (21.3.2022)
Ausschnitt aus einem Gedicht von Emanuel Geibel 1861
Dann nicht mehr zum Weltgesetze
Wird die Laun’ am Seinestrom,
Dann vergeblich seine Netze
Wirft der Fischer aus in Rom,
Länger nicht mit seinen Horden
Schreckt uns der Koloß im Norden.
Macht und Freiheit, Recht und Sitte,
Klarer Geist und scharfer Hieb
Zügeln dann aus starker Mitte
Jeder Selbstsucht wilden Trieb,
Und es mag am deutschen Wesen
Einmal noch die Welt genesen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Am_deutschen_Wesen_mag_die_Welt_genesen (21.3.2022)
Quelle B – General Lothar von Trotha | Bericht an den Generalstabschef Alfred von Schlieffen | 4. Oktober 1904 |Lothar von Trotha (1848-1920) war nur kurz – von Mai 1904 bis November 1905 – Oberbefehlshaber der Schutztruppen in Deutsch-Südwestafrika.
Es fragte sich nun für mich nur, wie ist der Krieg mit den Herero zu beendigen. Die Ansichten darüber bei dem Gouverneur [Theodor Leutwein] und einigen „alten Afrikanern“ [gemeint sind: bereits länger in der Kolonie stationierte Soldaten der deutschen Schutztruppen] einerseits und mir andererseits gehen gänzlich auseinander. Erstere wollten schon lange verhandeln und bezeichnen die Nation der Herero als notwendiges Arbeitsmaterial für die zukünftige Verwendung des Landes. Ich bin gänzlich anderer Ansicht. Ich glaube, dass die Nation als solche vernichtet werden muss […]. Es wird möglich sein, durch die erfolgte Besetzung der Wasserstellen von Grootfontein bis Gobabis und durch eine rege Bewegung der Kolonnen die kleinen von Westen zurückströmenden Teile des Volkes zu finden und sie allmählich aufzureiben. […] Da ich mit den Leuten weder paktieren kann noch ohne ausdrückliche Weisung seiner Majestät des Kaisers und König will, so ist eine gewisse rigorose Behandlung aller Teile der Nation unbedingt notwendig, eine Behandlung, die ich zunächst auf meine eigene Verantwortung übernommen und durchgeführt habe, von der ich auch, solange ich das Kommando habe, ohne direkte Weisung nicht abgehe. Meine genaue Kenntnis so vieler zentral-afrikanischer Stämme, Bantu und anderer, hat mir überall die überzeugende Notwendigkeit vorgeführt, dass sich der Neger keinem Vertrag, sondern nur der rohen Gewalt beugt. Ich habe gestern, vor meinem Abmarsch, die in den letzten Tagen ergriffenen Orlog-Leute [aufständische Herero], kriegsgerichtlich verurteilt, aufhängen lassen, und habe alle zugelaufenen Weiber und Kinder wieder in das Sandfeld unter Mitgabe der in Othiherero abgefassten Proklamation an das Volk zurückgejagt. […] Andererseits ist die Aufnahme der Weiber und Kinder, die beide zum größten Teil krank sind, eine eminente Gefahr für die Truppe, sie jedoch zu verpflegen eine Unmöglichkeit. Deshalb halte ich es für richtiger, dass die Nation in sich untergeht, und nicht noch unsere Soldaten infiziert und an Wasser und Nahrungsmitteln beeinträchtigt. Sie müssen jetzt im Sandfeld untergehen oder über die Betschuanagrenze [östlich gelegene britische Kolonie] zu gehen trachten. Dieser Aufstand ist und bleibt der Anfang eines Rassenkampfes, den ich schon 1897 in meinem Bericht an den Reichskanzler für Ostafrika vorausgesagt habe.
zitiert nach: Michael Behnen (Hrsg.): Quellen zur deutschen Außenpolitik im Zeitalter des Imperialismus 1890-1911. Darmstadt 1977, S. 292f.
Es fragte sich nun für mich nur, wie ist der Krieg mit den Herero zu beendigen. Die Ansichten darüber bei dem Gouverneur [Theodor Leutwein] und einigen „alten Afrikanern“ [gemeint sind: bereits länger in der Kolonie stationierte Soldaten der deutschen Schutztruppen] einerseits und mir andererseits gehen gänzlich auseinander. Erstere wollten schon lange verhandeln und bezeichnen die Nation der Herero als notwendiges Arbeitsmaterial für die zukünftige Verwendung des Landes. Ich bin gänzlich anderer Ansicht. Ich glaube, dass die Nation als solche vernichtet werden muss […]. Es wird möglich sein, durch die erfolgte Besetzung der Wasserstellen von Grootfontein bis Gobabis und durch eine rege Bewegung der Kolonnen die kleinen von Westen zurückströmenden Teile des Volkes zu finden und sie allmählich aufzureiben. […] Da ich mit den Leuten weder paktieren kann noch ohne ausdrückliche Weisung seiner Majestät des Kaisers und König will, so ist eine gewisse rigorose Behandlung aller Teile der Nation unbedingt notwendig, eine Behandlung, die ich zunächst auf meine eigene Verantwortung übernommen und durchgeführt habe, von der ich auch, solange ich das Kommando habe, ohne direkte Weisung nicht abgehe. Meine genaue Kenntnis so vieler zentral-afrikanischer Stämme, Bantu und anderer, hat mir überall die überzeugende Notwendigkeit vorgeführt, dass sich der Neger keinem Vertrag, sondern nur der rohen Gewalt beugt. Ich habe gestern, vor meinem Abmarsch, die in den letzten Tagen ergriffenen Orlog-Leute [aufständische Herero], kriegsgerichtlich verurteilt, aufhängen lassen, und habe alle zugelaufenen Weiber und Kinder wieder in das Sandfeld unter Mitgabe der in Othiherero abgefassten Proklamation an das Volk zurückgejagt. […] Andererseits ist die Aufnahme der Weiber und Kinder, die beide zum größten Teil krank sind, eine eminente Gefahr für die Truppe, sie jedoch zu verpflegen eine Unmöglichkeit. Deshalb halte ich es für richtiger, dass die Nation in sich untergeht, und nicht noch unsere Soldaten infiziert und an Wasser und Nahrungsmitteln beeinträchtigt. Sie müssen jetzt im Sandfeld untergehen oder über die Betschuanagrenze [östlich gelegene britische Kolonie] zu gehen trachten. Dieser Aufstand ist und bleibt der Anfang eines Rassenkampfes, den ich schon 1897 in meinem Bericht an den Reichskanzler für Ostafrika vorausgesagt habe.
zitiert nach: Michael Behnen (Hrsg.): Quellen zur deutschen Außenpolitik im Zeitalter des Imperialismus 1890-1911. Darmstadt 1977, S. 292f.
Quelle C - Karikatur: Aus unseren Kolonien, aus: Der Wahre Jacob, 20.2.1906
(“Wenn es euch nichts eingebracht hat und höhere Güter nicht zu haben sind, für die Aufstellung einer Knochenmühle lohnt es sich doch noch.)
(“Wenn es euch nichts eingebracht hat und höhere Güter nicht zu haben sind, für die Aufstellung einer Knochenmühle lohnt es sich doch noch.)
Quelle D - Ludwig von Estorff | Tagebucheintrag: „Der Herero-Aufstand“ | Zeitpunkt des Tagebucheintrags nicht eindeutig
Ludwig von Estorff (1859-1943) war Offizier und zeitweilig Kommandeur der Schutztruppen in Deutsch-Südwestafrika. Er war erstmals 1894 in die Kolonie gekommen und zählte deshalb zu den „alten Afrikanern“
Es gelang mir durch einen Gewaltmarsch mich ihnen dort an einem großen Regenteiche vorzulegen und sie in einem Gefecht zurückzuschlagen. Nun waren sie genötigt, wieder südlich abzubiegen, aber diesmal durch einen großen Durstmarsch, auf dem sie viel Vieh verloren, ich folgte ihren Spuren und erreichte hinter ihnen mehrere Brunnen, die einen schrecklichen Anblick boten. Haufenweise lagen die verdursteten Rinder um sie herum, nachdem sie diese mit letzter Kraft erreicht hatten, aber nicht mehr rechtzeitig hatten tränken können. Die Herero flohen nun weiter vor uns ins Sandfeld. Immer wiederholte sich das schreckliche Schauspiel. Mit fieberhafter Eile hatten die Männer daran gearbeitet, Brunnen zu erschließen, aber das Wasser ward immer spärlicher, die Wasserstellen seltener. Sie flohen von einer zur anderen und verloren fast alles Vieh und sehr viele Menschen. Das Volk schrumpfte auf spärliche Reste zusammen, die allmählich in unsere Gewalt kamen, Teile entkamen jetzt und später durch das Sandfeld in englisches Gebiet. Es war eine ebenso törichte wie grausame Politik, das Volk so zu zertrümmern, man hätte noch viel von ihrem Herdenreichtum retten können, wenn man sie schonte und wieder aufnahm, bestraft waren sie genug. Ich schlug dies General von Trotha vor, aber er wollte ihre gänzliche Vernichtung.
Er war ein schlechter Staatsmann, wie er als Führer im Kriege nicht ausreichte und dazu ein unedler, selbstsüchtiger und kaltherziger Mensch. Wissmann, der ihn von Ostafrika her kannte, hatte sich seiner Ernennung widersetzt, aber er ward nicht gehört. […]
Ludwig von Estorff: Wanderungen und Kämpfe in Südwestafrika, Ostafrika und Südafrika 1894-1910 (Hrsg.: Christoph-Friedrich Kutscher) Windhoek 1968, S. 116f.
Ludwig von Estorff (1859-1943) war Offizier und zeitweilig Kommandeur der Schutztruppen in Deutsch-Südwestafrika. Er war erstmals 1894 in die Kolonie gekommen und zählte deshalb zu den „alten Afrikanern“
Es gelang mir durch einen Gewaltmarsch mich ihnen dort an einem großen Regenteiche vorzulegen und sie in einem Gefecht zurückzuschlagen. Nun waren sie genötigt, wieder südlich abzubiegen, aber diesmal durch einen großen Durstmarsch, auf dem sie viel Vieh verloren, ich folgte ihren Spuren und erreichte hinter ihnen mehrere Brunnen, die einen schrecklichen Anblick boten. Haufenweise lagen die verdursteten Rinder um sie herum, nachdem sie diese mit letzter Kraft erreicht hatten, aber nicht mehr rechtzeitig hatten tränken können. Die Herero flohen nun weiter vor uns ins Sandfeld. Immer wiederholte sich das schreckliche Schauspiel. Mit fieberhafter Eile hatten die Männer daran gearbeitet, Brunnen zu erschließen, aber das Wasser ward immer spärlicher, die Wasserstellen seltener. Sie flohen von einer zur anderen und verloren fast alles Vieh und sehr viele Menschen. Das Volk schrumpfte auf spärliche Reste zusammen, die allmählich in unsere Gewalt kamen, Teile entkamen jetzt und später durch das Sandfeld in englisches Gebiet. Es war eine ebenso törichte wie grausame Politik, das Volk so zu zertrümmern, man hätte noch viel von ihrem Herdenreichtum retten können, wenn man sie schonte und wieder aufnahm, bestraft waren sie genug. Ich schlug dies General von Trotha vor, aber er wollte ihre gänzliche Vernichtung.
Er war ein schlechter Staatsmann, wie er als Führer im Kriege nicht ausreichte und dazu ein unedler, selbstsüchtiger und kaltherziger Mensch. Wissmann, der ihn von Ostafrika her kannte, hatte sich seiner Ernennung widersetzt, aber er ward nicht gehört. […]
Ludwig von Estorff: Wanderungen und Kämpfe in Südwestafrika, Ostafrika und Südafrika 1894-1910 (Hrsg.: Christoph-Friedrich Kutscher) Windhoek 1968, S. 116f.