Georg Büchner und der Vormärz, das Junge Deutschland
Fragen zu Georg Büchner und dem Hessischen Landboten:
I. Betrachten Sie die politische Karte Q2 des Deutschen Bundes: Welche Aussagen können Sie über die politisch-soziale Situation und Organisation "Deutschlands" zu dieser Zeit treffen?
II. Zu Georg Büchner:
- Wer war Georg Büchner, und welche Rolle spielte er im Kontext des Vormärz in Deutschland?
- Welche literarischen Werke sind mit Georg Büchner verbunden, und wie spiegeln sie die politischen und sozialen Fragen seiner Zeit wider?
- Welche politischen und sozialen Ideen vertrat Georg Büchner, und wie drückten sie sich in seinen Werken aus?
- Welche Bedeutung hatte Georg Büchner als Schriftsteller und als politischer Aktivist in der Vormärz-Bewegung?
- Wie hat Georg Büchner die deutsche Literatur und das politische Denken beeinflusst?
- Studieren Sie Quelle 3 und diskutieren Sie, ob Büchners Vorwürfe, die beschriebenen Missstände heute noch über Aktualität verfügen.
- Was ist der "Hessische Landbote", und welche Ziele und Forderungen werden in diesem Flugblatt dargelegt?
- Wie wurde der "Hessische Landbote" von Georg Büchner und seinen Mitstreitern veröffentlicht, und welche Bedeutung hatte seine Verbreitung für die Vormärz-Bewegung?
- Welche sozialen und politischen Missstände werden im "Hessischen Landboten" angeprangert, und wie versuchte Büchner, die Landbevölkerung zu mobilisieren? Zeigen Sie dies anhand der Quelle 1.
- Welche Konsequenzen hatte die Veröffentlichung des "Hessischen Landboten" für Georg Büchner und seine Mitstreiter, und wie reagierte die Obrigkeit darauf?
- Welche zeitgenössischen Reaktionen gab es auf den "Hessischen Landboten", sowohl von Befürwortern als auch von Gegnern?
IV. Erläutern Sie argumentativ an einem der Gemälde, Quellen 4 bis 6, warum es sich hierbei um ein typisches Gemälde des Realismus handelt.
Georg Büchner und das Junge Deutschland/Vormärz
Georg Büchner war ein deutscher Schriftsteller und Dramatiker, der im Vormärz, einer Zeit politischer und sozialer Unruhen in Deutschland vor der Revolution von 1848, aktiv war. Er gehörte zur Bewegung des Jungen Deutschland und gab den Hessischen Landboten heraus, der die Missstände seiner Zeit anprangerte und politische wie soziale Reformen forderte.
Georg Büchner und das Junge Deutschland:
Georg Büchner war ein prominentes Mitglied des Jungen Deutschland/Vormärz, einer literarischen Bewegung, die in den 1830er Jahren in Deutschland aufkam. Diese Gruppe von Schriftstellern und Intellektuellen strebte nach politischen und sozialen Reformen und kritisierte die konservativen und repressiven Strukturen des deutschen Staates.
Büchner veröffentlichte mehrere literarische Werke, darunter das Drama Dantons Tod (1835) und das Drama Leonce und Lena (1836). Diese Werke kritisierten die politischen Missstände und die soziale Ungerechtigkeit in Deutschland.
Der Hessische Landbote:
Der Hessische Landbote war ein Flugblatt, das 1834 in Hessen, einem deutschen Bundesland, veröffentlicht wurde. Es wurde von Georg Büchner und anderen Mitgliedern des Jungen Deutschland verfasst.
Das Flugblatt forderte soziale und politische Reformen, insbesondere die Abschaffung der Feudalherrschaft und die Einführung von demokratischen Prinzipien. Es rief die Landbevölkerung dazu auf, sich gegen die Unterdrückung und Ausbeutung durch die herrschende Oberschicht zu erheben.
Der Hessische Landbote hatte einen erheblichen Einfluss auf die politische Stimmung in Deutschland und trug zur Mobilisierung der Bevölkerung bei. Büchner und seine Mitstreiter wurden jedoch als Staatsfeinde verfolgt, und der junge Schriftsteller musste ins Exil gehen.
Georg Büchner und seine Werke hatten einen nachhaltigen Einfluss auf die deutsche Literatur und die politische Entwicklung in Deutschland. Sein Engagement für soziale Gerechtigkeit und politische Reformen machte ihn zu einer wichtigen Figur im Vormärz, einer Zeit des politischen Aufbruchs und der Unruhen in Deutschland, die schließlich zur liberalen Revolution von 1848 führte.
Forderungen und Ideologie
Die Strömungen des Vormärz wandten sich gegen verschiedene Institutionen und Epochen, insbesondere gegen die politischen und sozialen Verhältnisse in Deutschland in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Hier sind die Hauptziele und Feindbilder dieser Bewegung:
1. Absolutismus und Restauration: Der Vormärz richtete sich gegen den absolutistischen Herrschaftsanspruch der deutschen Monarchen und die Restauration, die nach den Napoleonischen Kriegen in vielen deutschen Staaten wiederhergestellt wurde. Die Strömungen des Vormärz kritisierten die repressiven politischen Systeme und die fehlende politische Mitbestimmung der Bürger.
2. Zensur und Pressefreiheit: Die Zeit des Vormärz war von strenger Zensur geprägt, die politische Kritik und freie Meinungsäußerung unterdrückte. Die Vormärz-Bewegungen kämpften für die Pressefreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung.
3. Feudalismus: Viele Teile Deutschlands waren zu dieser Zeit von feudalen Strukturen geprägt, in denen die Landbevölkerung unter der Herrschaft von Adligen und Grundherren litt. Die Vormärz-Bewegungen forderten die Abschaffung des Feudalsystems und die Einführung moderner, demokratischer Prinzipien.
4. Metternichsche Ära und den Wiener Kongress: Die politische Ordnung Europas nach dem Wiener Kongress von 1814-1815 wurde von der Metternichschen Ära geprägt, die sich durch reaktionäre Politik und Repression auszeichnete. Die Vormärz-Bewegungen lehnten diese Ära ab und forderten politische Reformen und nationale Einheit.
5. Deutscher Bund: Der Deutsche Bund, der nach dem Wiener Kongress gegründet wurde, war ein lockeres Bündnis von deutschen Staaten, das von Österreich dominiert wurde. Viele Vormärz-Bewegungen strebten nach einer stärkeren deutschen Einheit und der Abschaffung der österreichischen Vorherrschaft.
6. Soziale Ungerechtigkeit: Neben politischen Fragen kämpften die Vormärz-Bewegungen auch gegen soziale Ungerechtigkeit und Armut. Sie forderten Reformen im Bildungs- und Sozialwesen, um die Lebensbedingungen der ärmeren Bevölkerungsschichten zu verbessern. Grob zusammengefasst entstanden in dieser Zeit viele politische Schriften, Zeitschriften und literarische Werke, die die liberalen Forderungen der Französischen Revolution nach Freiheit, Gleichheit und demokratischer Teilhabe zum Ausdruck brachten.
Materialismus im Vormärz:
1. Sozialkritik: Der Materialismus, der die Bedeutung der materiellen Verhältnisse betont, hatte Einfluss auf die sozialen Bewegungen im Vormärz. Viele Aktivisten und Denker dieser Zeit kritisierten die soziale Ungerechtigkeit, die durch die Industrialisierung und das feudale System verursacht wurde, und forderten materielle Verbesserungen für die arbeitende Bevölkerung.
2. Determinismus: Einige materialistische Denker argumentierten für eine deterministische Sichtweise der Geschichte und glaubten, dass soziale Veränderungen durch ökonomische und materielle Faktoren vorherbestimmt waren. Dies beeinflusste die Ideen über soziale Reformen und politische Veränderungen.
Objektivismus im Vormärz:
1. Betonung der Vernunft: Der Objektivismus, der die Vernunft und die Existenz einer objektiven Realität betont, hatte insofern Einfluss, als er die Bedeutung des individuellen Denkens und der intellektuellen Autonomie betonte. Dies war wichtig für die geistige Befähigung der Bürger, sich gegen repressive Regime zur Wehr zu setzen.
2. Ethik und Individualismus: Der Objektivismus legte auch Wert auf individuelle Rechte und moralische Autonomie. In einer Zeit, in der politische und soziale Unterdrückung weit verbreitet war, betonte der Objektivismus die Wichtigkeit der persönlichen Verantwortung und des moralischen Widerstands gegen ungerechte Regime.
3. Einfluss auf die Literatur: Der Objektivismus hatte auch Einfluss auf einige Schriftsteller und Intellektuelle des Vormärz, die seine Ideen in ihren Werken verarbeiteten. Ayn Rands objektivistische Philosophie war zwar erst später im 20. Jahrhundert bekannt, aber einige ähnliche Prinzipien waren bereits im Vormärz präsent. Insgesamt spielten der Materialismus und der Objektivismus im Kontext des Vormärz eine Rolle in den politischen und intellektuellen Debatten dieser Zeit. Sie trugen dazu bei, die Ideen und Forderungen der Menschen, die nach politischen und sozialen Reformen strebten, zu beeinflussen und zu gestalten.
Q1: Ausschnitt aus dem Hessischen Landboten:
"Friede den Hütten! Krieg den Palästen! Im Jahre 1834 siehet es aus, als würde die Bibel Lügen gestraft. Es sieht aus, als hätte Gott die Bauern und Handwerker am fünften Tage und die Fürsten und Vornehmen am sechsten gemacht, und als hätte der Herr zu diesen gesagt: ›Herrschet über alles Getier, das auf Erden kriecht‹, und hätte die Bauern und Bürger zum Gewürm gezählt. Das Leben der Vornehmen ist ein langer Sonntag: sie wohnen in schönen Häusern, sie tragen zierliche Kleider, sie haben feiste Gesichter und reden eine eigne Sprache; das Volk aber liegt vor ihnen wie Dünger auf dem Acker. Der Bauer geht hinter dem Pflug, der Vornehme aber geht hinter ihm und dem Pflug und treibt ihn mit den Ochsen am Pflug, er nimmt das Korn und läßt ihm die Stoppeln. Das Leben des Bauern ist ein langer Werktag; Fremde verzehren seine Äcker vor seinen Augen, sein Leib ist eine Schwiele, sein Schweiß ist das Salz auf dem Tische des Vornehmen."
Zitiert nach: http://www.zeno.org/Literatur/M/B%C3%BCchner,+Georg/Schrift/Der+hessische+Landbote/Friede+den+H%C3%BCtten!+Krieg+den+Pal%C3%A4sten!, konsultiert 21.9.2023.
Q2: Politische Karte des Deutschen Bundes 1815-1866
Informationen zum Grossherzogtum Hessen in den 1830er Jahre:
Fläche: 8000 Quadratkilometer
Einwohner: 700 000
Stadtbewohner: ca. 15%
Wirtschaft: Vorwiegend primärer Sektor und kaum Industrie
Bevölkerungsdichte: 100 Personen pro Quadratkilometer
Demografie: Verdoppelung der Bevölkerung auf dem Land zwischen 1790 und 1850 – Stagnation in den Städten
Fläche: 8000 Quadratkilometer
Einwohner: 700 000
Stadtbewohner: ca. 15%
Wirtschaft: Vorwiegend primärer Sektor und kaum Industrie
Bevölkerungsdichte: 100 Personen pro Quadratkilometer
Demografie: Verdoppelung der Bevölkerung auf dem Land zwischen 1790 und 1850 – Stagnation in den Städten
Q3: Büchner in einem Brief an die Familie 5. April 1855:
„(...)Meine Meinung ist die: Wenn in unserer Zeit etwas helfen soll, so ist es Gewalt. Wir wissen, was wir von unseren Fürsten zu erwarten haben. Alles, was sie bewilligten, wurde ihnen durch eine Notwendigkeit abgezwungen. Und selbst das Bewilligte wurde uns hingeworfen wie eine erbettelte Gnade und ein elendes Kinderspielzeug, um dem ewigen Maulaffen Volk seine zu eng geschnürte Wickelschnur vergessen zu machen.(...)
Weil wir im Kerker geboren und grossgezogen sind, merken wir nicht mehr, dass wir in einem Loch stecken mit angeschmiedeten Händen und Füssen und einem Knebel im Munde. Was nennt ihr denn gesetzlichen Zustand? Ein Gesetz, dass die grosse Masse der Staatsbürger zum fronenden Vieh macht, um die unnatürlichen Bedürfnisse einer unbedeutenden und verdorbenen Minderzahl zu befriedigen?“
„(...)Meine Meinung ist die: Wenn in unserer Zeit etwas helfen soll, so ist es Gewalt. Wir wissen, was wir von unseren Fürsten zu erwarten haben. Alles, was sie bewilligten, wurde ihnen durch eine Notwendigkeit abgezwungen. Und selbst das Bewilligte wurde uns hingeworfen wie eine erbettelte Gnade und ein elendes Kinderspielzeug, um dem ewigen Maulaffen Volk seine zu eng geschnürte Wickelschnur vergessen zu machen.(...)
Weil wir im Kerker geboren und grossgezogen sind, merken wir nicht mehr, dass wir in einem Loch stecken mit angeschmiedeten Händen und Füssen und einem Knebel im Munde. Was nennt ihr denn gesetzlichen Zustand? Ein Gesetz, dass die grosse Masse der Staatsbürger zum fronenden Vieh macht, um die unnatürlichen Bedürfnisse einer unbedeutenden und verdorbenen Minderzahl zu befriedigen?“
Q4: Adolph von Menzel Eisenwalzwerk 1872-1875
Q5: Franz von Defregger, Das Letzte Aufgebot, 1874, Öl auf Leinwand, 139 x 191 cm (Wien, Belvedere © Belvedere, Wien, Foto: Johannes Stoll)
Q6: Des Glaneuses (‚The Gleaners‘, 1857) von Jean-François Millet; Jean-François Millet, Public domain, via Wikimedia Commons