Lesen Sie die Quellen I bis L und beantworten Sie die Fragen 9 bis 12. Die Quellen und Fragen beziehen sich auf das Fallbeispiel 2: Deutsche und italienische Expansion (1933-1940) — Ereignisse: Italienische Expansion: Abessinien (1935-1936).
Quelle I Auszug aus dem Vertrag des Völkerbundes von 1919.
Artikel 16 - Sollte ein Mitglied des Völkerbundes unter Mißachtung seiner Verpflichtungen aus den Artikeln 12, 13 oder 15 zum Krieg greifen, so gilt dies als Kriegshandlung gegen alle anderen Mitglieder des Völkerbundes, die sich hiermit verpflichten, ihm unverzüglich den Abbruch aller Handels- oder Finanzbeziehungen aufzuerlegen, das Verbot jeglichen Austausches zwischen ihren Staatsangehörigen und den Staatsangehörigen des paktbrechenden Staates und die Verhinderung jeglicher finanzieller, kommerzieller oder persönlicher Geschäfte zwischen den Staatsangehörigen des paktbrechenden Staates und den Staatsangehörigen irgendeines anderen Staates, ob Mitglied des Bundes oder nicht.
Es ist die Aufgabe des Rates, in solchen Fällen den verschiedenen betroffenen Regierungen zu empfehlen, welche wirksamen Militär-, See- oder Luftstreitkräfte die Mitglieder des Bundes zu den Streitkräften beitragen sollen, die zum Schutz der Bündnisse des Bundes eingesetzt werden.
Artikel 16 - Sollte ein Mitglied des Völkerbundes unter Mißachtung seiner Verpflichtungen aus den Artikeln 12, 13 oder 15 zum Krieg greifen, so gilt dies als Kriegshandlung gegen alle anderen Mitglieder des Völkerbundes, die sich hiermit verpflichten, ihm unverzüglich den Abbruch aller Handels- oder Finanzbeziehungen aufzuerlegen, das Verbot jeglichen Austausches zwischen ihren Staatsangehörigen und den Staatsangehörigen des paktbrechenden Staates und die Verhinderung jeglicher finanzieller, kommerzieller oder persönlicher Geschäfte zwischen den Staatsangehörigen des paktbrechenden Staates und den Staatsangehörigen irgendeines anderen Staates, ob Mitglied des Bundes oder nicht.
Es ist die Aufgabe des Rates, in solchen Fällen den verschiedenen betroffenen Regierungen zu empfehlen, welche wirksamen Militär-, See- oder Luftstreitkräfte die Mitglieder des Bundes zu den Streitkräften beitragen sollen, die zum Schutz der Bündnisse des Bundes eingesetzt werden.
Quelle J: David Low, politischer Karikaturist, zeigt Mussolini in einer Karikatur: „Pah! Das waren unzivilisierte Wilde ohne Ideale." Erschienen in der britischen Zeitung The Evening Standard (3. April 1936). Auf den Behältern, die er trägt, steht „Giftgas“.
Quelle K Martin Clark, Historiker, in dem Fachbuch Mussolini (2014).
Die Italiener waren in den 1890er Jahren in Abessinien einmarschiert und hatten 1896 bei Adowa eine beschämende Niederlage erlitten ... Mussolinis grosses Ziel war es, ein afrikanisches Imperium zu errichten, und der naheliegende Ort dafür war Abessinien, praktisch der einzige noch nicht kolonisierte Teil Afrikas ... Weder die Briten noch die Franzosen würden allzu sehr beleidigt sein, sofern ihre Interessen unberührt blieben, denn auch sie hatten unter Grenzverletzungen zu leiden, die von Abessinien ausgingen, und würden mehr Sicherheit für ihre benachbarten Kolonien begrüssen. Mussolini hatte zudem innenpolitische Gründe. Er musste die Kampfmoral zu Hause erhalten, insbesondere bei der Jugend. Er konnte seine kriegerischen Werte und die Notwendigkeit eines Kolonialreichs nicht über ein Jahrzehnt lang verkünden, ohne tatsächlich gegen jemanden zu kämpfen. Mussolini brauchte einen Krieg: einen schnellen, einfachen Krieg gegen sorgfältig ausgewählte, schwache Gegner. Deshalb nahm er Abessinien in den Blick. Schon 1925 ordnete er militärische und diplomatische Vorbereitungen an, für den Fall, dass Abessinien zusammenbräche. Am 30. Dezember 1935 erteilte er endlich den Befehl, Abessinien vollständig zu erobern ... [Das] wurde beim Oberkommando der Armee wenig erfreut aufgenommen. Man war dabei, militärische Verhandlungen mit den Franzosen aufzunehmen und wollte nicht riskieren, die neuen Partner zu verprellen; ebenso wenig wollte man alle verfügbaren Ressourcen in einem sinnlosen Kolonialfeldzug verschwendet sehen.
Die Italiener waren in den 1890er Jahren in Abessinien einmarschiert und hatten 1896 bei Adowa eine beschämende Niederlage erlitten ... Mussolinis grosses Ziel war es, ein afrikanisches Imperium zu errichten, und der naheliegende Ort dafür war Abessinien, praktisch der einzige noch nicht kolonisierte Teil Afrikas ... Weder die Briten noch die Franzosen würden allzu sehr beleidigt sein, sofern ihre Interessen unberührt blieben, denn auch sie hatten unter Grenzverletzungen zu leiden, die von Abessinien ausgingen, und würden mehr Sicherheit für ihre benachbarten Kolonien begrüssen. Mussolini hatte zudem innenpolitische Gründe. Er musste die Kampfmoral zu Hause erhalten, insbesondere bei der Jugend. Er konnte seine kriegerischen Werte und die Notwendigkeit eines Kolonialreichs nicht über ein Jahrzehnt lang verkünden, ohne tatsächlich gegen jemanden zu kämpfen. Mussolini brauchte einen Krieg: einen schnellen, einfachen Krieg gegen sorgfältig ausgewählte, schwache Gegner. Deshalb nahm er Abessinien in den Blick. Schon 1925 ordnete er militärische und diplomatische Vorbereitungen an, für den Fall, dass Abessinien zusammenbräche. Am 30. Dezember 1935 erteilte er endlich den Befehl, Abessinien vollständig zu erobern ... [Das] wurde beim Oberkommando der Armee wenig erfreut aufgenommen. Man war dabei, militärische Verhandlungen mit den Franzosen aufzunehmen und wollte nicht riskieren, die neuen Partner zu verprellen; ebenso wenig wollte man alle verfügbaren Ressourcen in einem sinnlosen Kolonialfeldzug verschwendet sehen.
Quelle L John Pollard, Historiker, in dem Fachbuch The Fascist Experience in Italy (Die faschistische Praxis in Italien) (1998).
Mussolini war der Meinung, dass der Faschismus einen spektakulären aussenpolitischen Erfolg brauchte, und das einzige, was den Anforderungen genügen würde, war die Eroberung Abessiniens. Aber auch wenn die Invasion erst 1935 gestartet wurde, ist klar, dass die Entscheidung, in den Krieg zu ziehen, tatsächlich schon 1932 getroffen wurde, als Italien noch unter den schwersten Folgen der Weltwirtschaftskrise litt. Die traditionelle Einschätzung, dass das Abenteuer Abessinien mit grosser Sicherheit zumindest teilweise als Alternative zu Sozialreformen geplant war, hat also noch immer einiges Gewicht. Die Zuflucht zu kolonialen Abenteuern als Möglichkeit, von Schwierigkeiten zu Hause abzulenken und sie vielleicht sogar zu lösen, war schon vor dem Aufstieg des Faschismus eine bewährte Tradition der politischen Klasse Italiens ... Mussolinis Eroberungsplan war also zusätzlich dadurch attraktiv, dass er versprach, die Demütigung von Italiens Niederlage gegen die Abessinier bei Adowa von 1896 auszulöschen. In jedem Fall war Abessinien, als einer von zwei noch verbliebenen unabhängigen Staaten in Afrika, der einzige realistische Ort für eine weitere koloniale Expansion Italiens. [1935] war Italien mehr als ein Juniorpartner für Grossbritannien und Frankreich geworden: Nach Mussolinis Einschätzung hatte sich Italien vielmehr zu einem absolut unverzichtbarenVerbündeten entwickelt.
Mussolini war der Meinung, dass der Faschismus einen spektakulären aussenpolitischen Erfolg brauchte, und das einzige, was den Anforderungen genügen würde, war die Eroberung Abessiniens. Aber auch wenn die Invasion erst 1935 gestartet wurde, ist klar, dass die Entscheidung, in den Krieg zu ziehen, tatsächlich schon 1932 getroffen wurde, als Italien noch unter den schwersten Folgen der Weltwirtschaftskrise litt. Die traditionelle Einschätzung, dass das Abenteuer Abessinien mit grosser Sicherheit zumindest teilweise als Alternative zu Sozialreformen geplant war, hat also noch immer einiges Gewicht. Die Zuflucht zu kolonialen Abenteuern als Möglichkeit, von Schwierigkeiten zu Hause abzulenken und sie vielleicht sogar zu lösen, war schon vor dem Aufstieg des Faschismus eine bewährte Tradition der politischen Klasse Italiens ... Mussolinis Eroberungsplan war also zusätzlich dadurch attraktiv, dass er versprach, die Demütigung von Italiens Niederlage gegen die Abessinier bei Adowa von 1896 auszulöschen. In jedem Fall war Abessinien, als einer von zwei noch verbliebenen unabhängigen Staaten in Afrika, der einzige realistische Ort für eine weitere koloniale Expansion Italiens. [1935] war Italien mehr als ein Juniorpartner für Grossbritannien und Frankreich geworden: Nach Mussolinis Einschätzung hatte sich Italien vielmehr zu einem absolut unverzichtbarenVerbündeten entwickelt.
Fragen
9 (a) Welche Bedeutung hatte laut Quelle I der Artikel 16 des Völkerbundpaktes? [3]
(b) Was legt Quelle J in Bezug auf den italienischen Einmarsch in Abessinien nahe? [2]
10. Analysieren Sie mit Bezug auf ihren Ursprung, Zweck und Inhalt den Wert und die Grenzen der Aussagekraft von Quelle I für einen Historiker, der den Einmarsch Italiens in Abessinien 1935 untersucht. [4]
11. Vergleichen und kontrastieren Sie, was die Quellen K und L über Mussolinis Politik gegenüber Abessinien aussagen. [6]
12. Diskutieren Sie anhand der Quellen und Ihrer eigenen Kenntnisse die Faktoren, die Mussolinis
Entschluss zum Einmarsch in Abessinien am 3. Oktober 1935 beeinflussten. [9]
9 (a) Welche Bedeutung hatte laut Quelle I der Artikel 16 des Völkerbundpaktes? [3]
(b) Was legt Quelle J in Bezug auf den italienischen Einmarsch in Abessinien nahe? [2]
10. Analysieren Sie mit Bezug auf ihren Ursprung, Zweck und Inhalt den Wert und die Grenzen der Aussagekraft von Quelle I für einen Historiker, der den Einmarsch Italiens in Abessinien 1935 untersucht. [4]
11. Vergleichen und kontrastieren Sie, was die Quellen K und L über Mussolinis Politik gegenüber Abessinien aussagen. [6]
12. Diskutieren Sie anhand der Quellen und Ihrer eigenen Kenntnisse die Faktoren, die Mussolinis
Entschluss zum Einmarsch in Abessinien am 3. Oktober 1935 beeinflussten. [9]